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Wilhelm von Humboldt (1767-1835) und Carl Heinrich Becker (1876-1933) - Preußische Bildungsreformer im Geiste des Neuhumanismus

258. Vortrag der Humboldt-Gesellschaft am 24.09.2016 von Dr. Bert Böhmer

Der Referent betreibt die Internetseite
http://carl-heinrich-becker.de/

Inhalt

A Einleitung
B Biographische Anmerkungen zu Wilhelm von Humboldt
C Biographische Anmerkungen zu Carl Heinrich Becker
D Wilhelm von Humboldt als Bildungsreformer
E Carl Heinrich Becker als Bildungsreformer
F Denkschrift von Carl Heinrich Becker als Vermächtnis



A) Einleitung

Drei Katastrophen in 150 Jahren – das sollte eigentlich genug sein. Aber der Mensch lernt nicht aus der Geschichte – das ist das nüchterne Fazit, das wir ziehen müssen.

Wie haben die Alten 1806, 1918, 1945 in Deutschland reagiert?

Leider war der Militarismus in Deutschland über lange Zeit eine Konstante, doch sowohl 1807 als auch 1919 fanden sich Männer, die beherzt versuchten, das Staatssteuer herum zu reißen – in Preußen war es der Freiherr vom Stein mit seinen bahnbrechenden Reformen, die ungeheure Synergien freisetzten für die industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts. Der militärische Komplex hatte vorerst verspielt, die Moral war zum Teufel. Hier setzten Scharnhorst und Humboldt an und bewirkten binnen kurzer Zeit gewaltige Veränderungen.

Doch Gottes Mühlen mahlen langsam – in der Politik gibt es immer Rückschläge, um nicht zu sagen reaktionäre Politik. Das erwies sich nach 1815, als die reaktionäre Politik König Friedrich-Wilhelms III. die Demokratisierung bremste, die versprochene Verfassung verzögerte, solange es nur ging.

Als der Botschafter Otto von Bismarck 1862 aus Paris zurückgerufen wurde, um ein Ministerium zu bilden, war das Militär wieder obenauf – in drei Einigungskriegen wurde Deutschland neu geschaffen – aber um welchen Preis.

Das Militär war die einzige Klammer, nicht der Reichstag von 1871 und nicht der Reichsrat. Kirchenkampf und Sozialistengesetz beherrschten die Innenpolitik, nach außen war das Reich saturiert. Ein zügelloser Kapitalismus mit Firmen wie Siemens, Krupp, AEG, Bosch und vielen anderen führte zur Entwicklung der Sozialdemokratie und ihrem Verbot bei gleichzeitiger Einführung von Sozialreformen durch Bismarck.

Die Politik Wilhelms II. war zumindest eigenwillig und verhinderte keineswegs den Ersten Weltkrieg – obwohl weder der Kaiser ihn wollte, noch der Zar oder der britische Premier Grey – aber Poincaré und Churchill. Auch dieser Krieg ging verloren wie der Friede von Versailles danach. Die alten Eliten hatten zwar abgedankt – aber nur ein wenig. Der Vertrag wurde von der Republik unterzeichnet, was von Beginn an ein Belastung war durch die Reparationen, die Inflation und die Konfrontation in lokalen Bürgerkriegen – mit dem Endpunkt der Wirtschaftskrise und der Machtübernahme der Nazis 1933 mittels des Ermächtigungsgesetzes.

Auch 1918/19 griffen beherzte Männer – und nunmehr auch Frauen – ein und bildeten eine demokratisch gewählte Nationalversammlung sowie in Preußen den Landtag mit Ministerpräsident Otto Braun und Carl Heinrich Becker, im Reich Rathenau und Stresemann und viele andere. Sie setzten nicht aufs Militär, sondern auf allgemeine Volksbildung und eine Erhöhung des Lebensstandards.

Aber das Elend nahm trotzdem kein Ende. Auf die Inflation folgte dann 1929 die Wirtschaftskrise und nach 1933 die Remilitarisierung, die Entmachtung der Parlamente und die Vorbereitung des Krieges 1939. Auch dieser Krieg ging verloren, die Eliten verübten Selbstmord oder gingen nach Südamerika, wo sie untertauchten. Deutschland war zerstört und besetzt, verkraftete 12 Millionen Flüchtlinge – und gebar das Wirtschaftswunder mit Männern wie Adenauer und Erhard und Schumacher. Erst 1955 wurde wieder eine kleine Armee aufgebaut im Rahmen der NATO, Deutschland integrierte sich in die EWG/EU – und wurde durch die Wiedervereinigung 1989/90 – fast ungewollt und kaum vorbereitet – zu einem Machtfaktor ohne militärische Ambitionen ; man setze auf die DM und eine blühende Wirtschaft, aber auch auf ein strukturiertes Bildungswesen und blühende Kulturzentren im ganzen Lande.

So weit, so gut. Was uns heute fehlt, sind Visionen, keine Regression mit Mauern und Stacheldraht, - und bitte keine Rückkehr zum Nationalismus!

Schauen wir, wie es die Alten machten 1807 und 1919!



B) Biographische Anmerkungen zu Wilhelm von Humboldt

Wilhelm von Humboldt wurde 1767 in Potsdam geboren. Sein Großvater stammte aus einer bürgerlichen Familie in Pommern, er wurde Offizier in Preußen und 1737 auf eigenes Ersuchen geadelt. Sein Sohn Alexander wurde von Friedrich II. zum Kammerherrn bei der Gemahlin des Thronfolgers ernannt. 1766 heiratete er die Witwe Elisabeth von Holwede, die das Gut Tegel als Mitgift einbrachte.

Wilhelm hat nie eine Schule von innen gesehen; vielmehr erhielt er von exzellenten Hauslehrern auf dem Familiengut in Tegel und im Winter in der Berliner Stadtwohnung Unterricht, sprach Griechisch, Latein, Französisch und Englisch unter Anleitung von Gottlieb Kunth, der zehn Jahre den Unterricht der Fachlehrer für Alexander und Wilhelm organsierte und beaufsichtigte. Dazu gehörten als Vorbereitung für die Universität auch Vorlesungen in Nationalökonomie, Statistik, Naturrecht und Philosophie. Ab 1785 verkehrte Wilhelm in Berliner Kreisen der Aufklärung im Salon von Henriette Herz. Unter dem Einfluss von Moses Mendelsohn studierten die Brüder Schriften von Kant; auch John Locke und David Hume las Wilhelm in dieser Zeit. Das ehrgeizige Ziel der Mutter war es, ihre Söhne gut für den Staatsdienst vorzubereiten, Wilhelm sollte daher Jura, Alexander Nationalökonomie studieren.

1787 immatrikulierte sich Wilhelm an der Universität in Frankfurt an der Oder, um nach einem Semester für weitere drei Semester an die modernste Universität Deutschlands, nach Göttingen, zu gehen.

Das Kurfürstentum wurde von den Welfen in London regiert…1788 lernte er auch seine zukünftige Frau, Caroline von Dacheröden, kennen, die er 1791 heiratete.

1789 reiste er mit seinem ehemaligen Lehrer Campe ins revolutionäre Paris, wo er sich für die Ideale der Revolutionäre begeisterte, auch den Abbé Siéyès und Madame de Stael kennenlernte. Die Gewaltexzesse lehnte er jedoch ab. Anschließend fuhr er nach Weimar, wo er Schiller und Goethe kennenlernte.

1790 trat er nach Beendigung des viersemestrigen Studiums in den Staatsdienst ein, wurde als Richter ausgebildet und gleichzeitig für den Auswärtigen Dienst. Lange hielt er es dort jedoch nicht aus; 1791 bat er um seine Entlassung aus persönlichen Gründen: er heiratete im Sommer 1791 seine Verlobte und lebte in den kommenden Jahren auf den thüringischen Gütern seines Schwiegervaters, des Kammergerichtspräsidenten von Dacheröden. Er vertiefte seine Studien des Altertums und der Philosophie, trat in Kontakt mit dem Hallenser Prof. Friedrich August Wolf. Sein Geist war einerseits erfüllt vom Geiste der Aufklärung, zum andern durch jenen des Neuhumanismus. 1795 starb die Mutter, und die Söhne erbten den Besitz der Eltern: Alexander wird damit seine Amerika-reise finanzieren. Wilhelm erbt Schloss Tegel, war jedoch schon zuvor aus dem Staatsdienst beurlaubt worden und zog 1794 mit Familie nach Jena, wo der Geist der deutschen Klassik sprühte mit Schiller, Goethe, Hegel, Fichte. In den folgenden Jahren reiste er erneut nach Paris und weiter nach Spanien. Nach der Rückkehr nach Tegel wird er 1802 zum Gesandten beim Vatikan ernannt – wo er auch nach der Niederlage Preußens bei Jena und Auerstedt noch bis 1808 blieb. Seine Frau verstand es, ihr Haus zu einem Mittelpunkt der Gesellschaft zu machen. Nicht nur das Heilige Römische Reich deutscher Nation war 1803 liquidiert worden, viele Kleinstaaten wurden von Napoleon im Rheinbund organisiert, und Preußen war auf Ostpreußen reduziert.

Napoleon hatte tüchtig aufgeräumt in Deutschland: nicht nur in Preußen, sondern in allen Ländern wurden die Universitäten geschlossen, so die Kurkölnische Akademie Bonn von 1777, die 1798 geschlossen wurde, gemeinsam mit Münster, Paderborn, Frankfurt/Oder, Duisburg. 1818 wurde die Universität Bonn neu gegründet als Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität.

Kölns Universität wurde bereits 1388 auf Initiative des Rates der Freien Reichsstadt begründet, nach Prag, Wien und Heidelberg. Auch sie wurde erbarmungslos geschlossen. Alle Versuche einer Wiederbegründung im 19.Jahrhundert scheiterten. Erst 1919 schafften es der Oberbürgermeister Konrad Adenauer gemeinsam mit dem Preußischen Kultusminister die Uni neu zu gründen. Zur Eröffnung kam auch der preußische Unterstaatssekretär Carl Heinrich Becker , der eine flammende Rede hielt – man wollte die Rheinländer bei der Stange halten und Flagge zeigen gegenüber Frankreich…

In Ostpreußen hatte in der Zwischenzeit ein Reihe tüchtiger Männer um den Freiherrn vom Stein zahlreiche Reformen in Gang gebracht – unter anderem auch eine Bildungsreform: Wilhelm von Humboldt wurde nunmehr zum Leiter der Sektion für Kultur und das öffentliche Bildungswesen im Innenministerium ernannt – der preußische Militärstaat war nicht nur militärisch, sondern auch moralisch zusammengebrochen – nun sollten durch Bildungsreformen Preußen wieder auf die Beine gestellt, die Menschen zu selbständig denkenden, verantwortungsvoll handelnden Menschen erzogen werden.

Die Arbeit konnte beginnen!



C) Biographische Anmerkungen zu Carl Heinrich Becker

Carl Heinrich Becker wurde am 12.April 1876 in Amsterdam geboren und wuchs mit 5 Geschwistern dort, in Frankfurt am Main und in Gelnhausen auf. Am Frankfurter Goethe-Gymnasium machte er 1895 sein Abitur. Schon als Kind war er öfter zur Kur, deswegen auch nie Soldat , im Gegensatz zu seinen Brüdern – was ihn 1914 ziemlich wurmte und er durch Fürsorge für Kriegsverletzte auszu-gleichen suchte. Spätestens Weihnachten 1914 legte sich die nationale Euphorie.

Becker war Orientalist und begründete als solcher die moderne Orientalistik. Er studierte Arabistik, Assyriologie und Religionswissenschaften in Lausanne, Heidelberg und Berlin. Wiederholt reiste er nach England; Spanien besuchte er auf dem Wege nach Kairo via Paris, wo gerade die Weltausstellung Erfolge feierte.

Er entstammte einer alten hessischen Kaufmanns-, Bankiers- und Akademikerfamilie. Sein Vater war Leiter der Rothschild-Filiale in Amsterdam, seine Mutter die Tochter des Kaffee-Barons Schoeffer eben dort, doch ursprünglich aus Gelnhausen bei Frankfurt stammend. Mit Fünfzig zog sich der Vater Becker ins gesicherte Privatleben zurück nach Frankfurt, war ein eifriger Mäzen in Gelnhausen und baute mit seinem Schwiegervater die Villa am Weißen Berg. Als stolzer Frankfurter Bürger lehnte er jegliche Orden und auch das Angebot der Erhebung in den Adelsstand ab; er starb 1897, nach einem Intermezzo als Abgeordneter im Preußischen Landtag, noch ehe Sohn Carl Heinrich 1899 promovierte. Nach längeren Studienaufenthalten in Ägypten zwischen 1900 und 1902 habilitierte Carl sich in Heidelberg und wurde a.o. Professor an seiner Alma mater. Als solcher verdiente er keine Mark! (s. Anmerkung 1)

1904 verlobte sich Carl Heinrich mit Hedwig Schmid, Tochter des Augsburger Bankiers, Commerzienrat Paul Schmid; 1905 folgte die Heirat in Augsburg und der Bezug des Hauses in Heidelberg.

1908 wurde er als o. Professor an das Hamburger Kolonialinstitut berufen, wo er einen – nunmehr bezahlten - Lehrstuhl für Geschichte und Kultur des Vorderen Orients bekam – der genau auf seine Interessen zugeschnitten war, nämlich der Verbindung von Politik, Soziologie und Kultur.

Trotz aller Bemühungen seinerseits und des hanseatischen Kultursenators von Melle andererseits gelang es Becker nicht, die Hansestadt zur Gründung einer Universität zu bewegen – das erfolgte erst nach dem 1. Weltkrieg, ohne ihn. Resigniert hatte er sich von den Hamburger „Pfeffersäcken“ abgewandt und wurde 1913 Ordinarius an der preußischen Universität Bonn. Inzwischen hatte Becker sich auch überregional einen gewissen Ruf erworben durch Gründung der Zeitschrift Der Islam. 1916 wurde er an die Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin und gleichzeitig als Referent ins Kultusministerium berufen. 1919 ernannte ihn der Freistaat Preußen zum Staatssekretär, zwischendurch fungierte er ein Jahr (1921) als Kultusminister und 1925 bis 1930 war er erneut Minister. Da er parteilos war, eher die „Partei der Vernunft“ repräsentierte, kam es Ende der 20er Jahre zu Problemen mit den Fraktionen. Zwar war Preußen fest in sozialdemokratischer Hand – aber 1930 trat Becker zurück und wurde durch Grimme (SPD) ersetzt, der in seinem Sinne weiterarbeitete bis zu seiner Entlassung durch Ministerpräsident Göring (NSDAP). Alles, was Becker geschaffen hatte, wurde rückgängig gemacht. Becker starb am 10.Februar 1933 nach einer Chinareise im Auftrag des Völkerbundes. Die internationale Beratungskommission unter Beckers Leitung machte der Regierung in Nanking. Vorschläge zur Reform des Bildungswesens, von denen auch einige umgesetzt wurden – trotz der Bombardierung durch die Japaner.



D) Wilhelm von Humboldt als Bildungsreformer

Wir werden nun zu untersuchen haben, wie sich Wilhelm von Humboldt seiner Aufgabe entledigte. Das alte Preußen war militärisch und moralisch untergegangen, und die Reformer in Königsberg hatten schon nach 1807 einige Prozesse eingeleitet, so die Heeresreform von Scharnhorst und Gneisenau, die Reform der Kommunalverfassungen, die Gewerbefreiheit, die Aufhebung der Leibeigenschaft – und nun sollte die Bildungsreform vorangebracht werden: dazu hatte sich der Freiherr vom Stein den fast gleichgesinnten Humboldt auserkoren, auch Johann Wilhelm Süvern (s. Anmerkung 2) war mit von der Partie. Aus der Schweiz hatte man die Gedanken von Pestalozzi rezipiert, hatte auch einige Schulmeister bei ihm hospitieren lassen.

Fichtes Reden an die deutsche Nation von 1807 hatten Preußen, ja ganz Deutschland, gewiss aufgerüttelt; auch er vertrat den Gedanken der Einheitsschule für alle Stände und in der Nachfolge von Rousseau die Entwicklung des Einzelnen. Nationalerziehung sollte für das ganze Volk durchgeführt werden. Diese Gedanken haben das ganze Jahrhundert auf die deutsche Kulturpolitik eingewirkt; auch Carl Heinrich Becker ist stark von Fichte beeinflusst.

Gewiss haben wir heute eine kritische Haltung gegenüber Fichte und dem Nationalstaat, der wie wir wissen, Ende des 19.Jahhunderts in einen extremen Nationalismus der europäischen Völker und in den Ersten Weltkrieg mündete – aber wollen wir Fichte und die Reformer dafür verantwortlich machen? Das wäre ziemlich unhistorisch und gehört deshalb nicht hierher: ich darf nur auf den Vortrag des Cambridge-Historikers Christopher Clark verweisen, der in seinem „Schlafwandler“-Buch alles dazu gesagt hat!

Es musste nach der preußischen Niederlage von Jena alles auf einmal geschehen – und das gleich. Das grobe Schema war klar:

• Elementarschule und Volksschule,
• Gymnasium,
• Universität;

aber auch

• Lehrerbildung,
• die Schaffung des Gymnasiallehrerberufs,
• Lehrpläne für die einzelnen Schulen und Klassen –

und das alles im Geiste des von Stein und Humboldt und ihren Mitarbeitern vertretenen Ideals der Freiheit. Humboldt gilt wohl nicht zu Unrecht als der Vater des deutschen Liberalismus. Er wollte, wie Scharnhorst, die Eigenverantwortung der Menschen stärken durch Bildung, durch die Fähigkeit zu eigenen Entscheidungen: der Untertan sollte dem mündigen Bürger weichen. In allen Bereichen des Bildungswesens spürte man Humboldts Einfluss, er verstand es, seine Mitarbeiter zu motivieren, so dass die Arbeiten in seinem Sinne fortgeführt wurden. Nachdem der Freiherr vom Stein auf Druck Napoleons entlassen und Berater des Zaren wurde, ging Humboldt als Gesandter nach Wien. Der Freiherr von Hardenberg wurde zum Staatskanzler ernannt, er vertrat eher die konservativen Ideen seines Königs.

Sowohl der Königsberger als auch der Litauische Schulplan sahen ein dreistufiges Schulmodell vor, nach jeder Etappe aber konnte man in einen Beruf wechseln: den Standesschulen (Ritter-akademien, Bürgerschulen oder Kadettenanstalten) sagte er den Kampf an. Die Prügelstrafe in den Gymnasien wurde abgeschafft, so würden nur Sklaven behandelt.

1810 wurde das Lehramtsexamen eingeführt für die zukünftigen Gymnasiallehrer mit Kenntnissen in den alten Sprachen, Geschichte, Deutsch und Mathematik.

1812 wurde die einheitliche Abiturprüfung dekretiert. Sie wurde erst 1834 allgemein durchgesetzt!

1816 folgte der Plan der Unterrichtsverfassung für ein 10jähriges Gymnasium.

1809 kam als Höhepunkt der Reform die Gründung der Universität Berlin.

Darüber wurde lange diskutiert, manche meinten, man solle die Uni Halle nach Berlin verlegen, andere, wie Fichte, wollten eine einzige zentrale Universität in Berlin, auch das setzte sich nicht durch (sonst hätten wir heute gewiss wie Paris die Sorbonne I bis XVIII).

Die Berufungsliste war sensationell:

• Friedrich Carl von Savigny , Begründer der historischen Rechtsschule (s. Anmerkung 3)
• Ferdinand Schleiermacher. Seine kritische Haltung gegenüber dem Dogmatismus der Kirchenoberen brachten ihm Probleme (s. Anmerkung 4).
• Johann Gottlieb Fichte wirkte nachhaltig durch seine „Reden an die deutsche Nation“ 1807 (s. Anmerkung 5)
• Barthold Georg Niebuhr Begründer der philologisch-kritischen Geschichtswissenschaft (s. Anmerkung 6)

Humboldt hatte seine Probleme mit den auf einander eifersüchtigen Professoren – setzte sich aber durch. Das neue war für Humboldt die Einheit von Forschung und Lehre. Dieser Plan wurde jedoch erst im Jahre 1903 (!) verwirklicht.

Die eigentliche Entwicklung der Universität Berlin setzte nach den Freiheitskriegen 1813-15 ein, doch bald legte sich Reif auf das Freiheitsdenken der Studenten mit den Karlsbader Beschlüssen von 1819 nach dem Mord an Kotzebue. Und wenn König Friedrich Wilhelm III. Unter den Linden einen Studenten mit einer Kokarde an der Mütze sah, so schritt er ein…

Preußen war inzwischen ein Großstaat geworden – der Weg zur 48er Revolution mit seinem Professorenparlament in der Frankfurter Paulskirche war vorgezeichnet. Die ehemals führende Rolle der Theologischen Fakultäten wurde beseitigt.

Eine wesentliche Kritik an den Reformen Humboldts bestand darin, dass er seine Reformen ganz im Sinne des Neuhumanismus geplant und durchgesetzt hat – nämlich die wichtige Rolle von Altgriechisch und Latein. Der ganze Bereich der Realität blieb ausgeblendet, als da sind Realschulen, Berufsschulen und Technische Universitäten, die erst Kaiser Wilhelm II. in Berlin durchsetzte…

Franz Schnabel bemerkt dazu in seiner Deutschen Geschichte im neunzehnten Jahrhundert:

„Nicht alle Reformer haben dabei die Selbständigkeit der kirchlichen Idee in der neuen staatlichen und nationalen Kultur ausschließen wollen, aber nur wenige von ihnen waren, u.a. der Freiherr vom Stein, gläubige Christen und ließen neben Staat und Nation noch höhere Werte gelten, die meisten nahmen die Hilfe der Kirche nur einfach in Anspruch und dachten im übrigen die zukünftige Kultur ausschließlich gebaut auf die Idee eines im nationalen Staate sich erfüllenden Menschentum.

So haben die preußischen Reformer zuerst im deutschen Leben den beherrschenden Gedanken des 19.Jahrhunderts, den nationalen im Geiste der neuen staatsbürgerlichen Gesellschaft zu verwirklichen gesucht, und in diesem Sinne sind sie zu ihrer Zeit die Repräsentanten einer emporkommenden Epoche gewesen. Aus der historischen Lage ergab sich ihr Erziehungsprogramm – Gedanken der Aufklärung und des deutschen Idealismus vermengten sich hier: beide Strömungen waren … der „progressive Zug“ gemeinsam, sie hielten eine neue Erziehung für nötig, damit die Selbsttätigkeit gemacht werde und die Welt sich vervollkommne.“ (s. Anmerkung 7)



E) Carl Heinrich Becker als Bildungsreformer

Für Carl Heinrich Becker waren die Auspizien nicht günstiger, als er 1916 von Ministerialdirektor Schmidt-Ott (1917-18 Kultusminister) nach Berlin berufen wurde. Der Krieg war zum Stellungskrieg mutiert. In dieser Situation verfasste Becker seine 1. Denkschrift Über den künftigen Ausbau der Auslandsstudien an den preußischen Universitäten. Was er in Hamburg vergebens versucht hatte, hat er dann in Bonn im Ansatz verwirklicht: eine bessere Kenntnis des Auslandes im Rahmen der verschiedenen Studiengänge. Diese Kenntnisse sollten zukünftige Konflikte wie den momentanen verhindern helfen. Denn auch Becker war der Ansicht, dass die militärische Niederlage von 1918 zugleich eine moralische war. Die einzige Klammer, die das Bismarck-Reich eigentlich zusammenhielt, war das Einjährigen-Examen, das eine militärische Forderung war. Das Militär aber unterstand dem Kaiser. Die Souveränität der Einzelstaaten war stark ausgebildet, vor allem aber gab es keinerlei kulturelle Institutionen, die das Reich zusammenhielten… Das Reich hatte keinerlei Kulturkompetenz! Im Gegensatz zu den Amerikanern mit ihrer Missionspolitik in Asien, der Alliance francaise in den Kolonien oder auch dem British Council bzw. seinem Vorgänger: selbst das kleine benachbarte Dänemark (Volkshochschulen) oder die Niederlande hatten eine kulturelle Außenpolitik.

Beckers Ziel war aber in erster Linie eine Demokratisierung und Pädagogisierung des Bildungswesens. An den Hochschulen wurden Professoren und Extraordinarien (Privatdozenten) gleichgestellt Auch die Studentenschaft konnte sich nunmehr selbst verwalten (1920). Die Professoren sollten nicht nur Forscher sein, sondern auch Pädagogen, denn Deutschlands Bildungssystem musste auf die Füße gestellt werden, wenn man selbstbestimmte Staatsbürger erziehen wollte. Da sich der preußisch-deutsche Militärstaat verabschiedet hatte, schob Becker den Gedanken der Kulturnation in den Vordergrund. Bildung war für ihn das bestimmende Element, um mit der Niederlage fertig zu werden und ein einigendes Band zwischen den Deutschen zu schmieden – die Zeit der „Stahlgewitter“, so hoffte er, sollte endgültig vorbei sein.

Ein weiteres Problem an den Hochschulen war die zunehmende Spezialisierung innerhalb der Fächer – was ganz im Gegensatz zu Beckers synthetischem Ansatz stand; deshalb förderte er Fächer wie Soziologie, Zeitgeschichte oder Politik. An der Gründung der Hochschule für Politik in Berlin 1920 war er nicht nur beteiligt, sondern lehrte dort auch selbst. (Übrigens war Theodor Heuß dort Dozent.) In die gleiche Richtung ging die Attaché-Ausbildung, die die zukünftigen Diplomaten intensiv auf ihre Positionen vorbereiten sollte. Dafür stand ihm bzw. dem AA eine breite Skala von Mitarbeitern zur Verfügung.



F) Denkschrift von Carl Heinrich Becker als Vermächtnis

1919 erschien die Denkschrift Beckers für die Verfassungsgebende Nationalversammlung in Weimar. Becker gelang es bereits im Vorfeld, die Kulturpolitische Kompetenz des Reiches in die Verfassung wieder rein zu bringen. Der Entwurf des Staatssekretärs Hugo Preuss hatte das zwar vorgesehen, doch Interventionen der süddeutschen Staaten hatten das vorerst verhindert. Bisher hatte praktisch das Preußische Kultusministerium die kulturellen Belange des Reiches betreut, wie zum Beispiel das Deutsche Archäologische Institut und das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg. Die Weimarer Verfassung sieht ein ganzes Bündel von Maßnahmen hinsichtlich der Volksbildung vor im Zweiten Hauptteil Art.109ff. Der Vierte Abschnitt befasst sich mit Bildung und Schule in Art.141-150. Das Ziel aller Beteiligten war die Einheitsschule mit einer verpflichtenden Volksschule von 8 Jahren und Fortbildungsmöglichkeiten bis zum 18. Lebensjahr. Dazu gab es die Mittelschule und das Gymnasium mit dem Abitur, Übergangsvoraussetzung für das Hochschulstudium. Akademische Ausbildung war nunmehr auch für die Volksschullehrer vorgesehen an Pädagogischen Akademien (s. Anmerkung 8), die ab 1925 zügig in Preußen verwirklicht wurden. Kunst-, Musik- und Turnunterricht waren in das System integriert. Becker ließ es sich nicht nehmen, bei der Einweihung der Akademien dabei zu sein und reiste von Köln bis Königsberg, anschließend dann nach Breslau. Man Muss sich einmal vor Augen führen, dass der Freistaat Preußen etwa zwei Drittel des Reiches umfasste und deshalb naturgemäß exemplarisch wirkte. Das heißt aber nicht, dass es in den kleineren Staaten wie Thüringen oder Bayern keine Reformbemühungen der Lehrerschaft gab.

Nach emsiger Vorbereitung im Preußischen Kultusministerium wurde 1925 der Deutsche Akademische Austauschdient als ein Verein der deutschen Hochschulen und Studentenschaften begründet: die Kenntnis des Auslandes war für Becker ein entscheidender Weg, Deutschland aus der Isolation nach dem Kriege zu befreien. Heute ist der DAAD in Europa die größte kulturelle Mittlerorganisation, aber auch schon in der Weimarer Republik kamen die Mittel weitgehend vom Auswärtigen Amt und von einzelnen Ländern.

Etwa gleichzeitig entstand mit der Deutschen Akademie die Vorläuferin der Goethe-Institute (*1951), die sich der Pflege der deutschen Sprache im Ausland widmen; erst später kam dann auch der „Kulturexport“ dazu.

Während der DAAD im allgemeinen mit den ausländischen Hochschulen zusammenarbeitet durch die Entsendung von Lektoren, baute die Deutsche Akademie im Ausland den Sprachunterricht in eigenen Instituten auf – und war natürlich nicht mit der gewaltigen Ausdehnung der Goethe-Institute von heute vergleichbar.

Das Deutsche Museum in München hatte einen Vorläufer 1906 mit dem Initiator Oskar von Miller und dem Verband der Ingenieure. 1913 wurde dieser Vorläufer in Anwesenheit Kaiser Wilhelms II. eingeweiht – doch fertiggestellt wurde der Riesenbau auf der Münchener Museumsinsel erst nach Krieg und Inflation um Jahre 1925; Mittel vom Reich und von Preußen machten das möglich. Becker beklagte sich in seinen Briefen darüber, dass zwar die Fahnen Bayerns und Münchens gehisst worden waren – aber nicht die Reichsfarben geschweige denn jene Preußens -, obwohl Preußen indirekt und das Reich die größten Geldgeber waren. Der preußische Ministerpräsident Braun hielt auch keine Rede, geschweige denn Becker…

Die Geschichte des Deutschen Archäologischen Instituts ist ein guter Beweis dafür, dass Preußen auch schon im 19.Jahrhundert deutsche Kulturpolitik betrieb, entstand doch das selbe aus einem internationalen Freundeskreis in Rom mit Männern wie Gerhard (später Direktor der Staatlichen Museen in Berlin), dem preußischen Gesandten Bunsen, dem dänischen Bildhauer Thorwaldsen unter dem Protektorat des späteren Königs Friedrich-Wilhelm IV. Auf dem Gelände der Preußischen Gesandtschaft auf dem Kapitol wurde ein kleines Institut errichtet, schon ab 1859 wurden die gesamten Kosten von Preußen getragen. Aus dem internationalen Institut wurde dann 1871 ein Kaiserlich Deutsches Archäologisches Institut. Allmählich folgten Abteilungen in Athen, Kairo, Istanbul, Teheran und Peking - wobei die Aufzählung nicht vollständig ist.

Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang auch die Villa Massimo in Rom erwähnen; der Park wurde 1910 von einem preußischen Mäzen erworben, mit einer Villa und 10 Ateliers mit Wohnungen bebaut und anschließend dem preußischen Staat geschenkt mit einem stattlichen Stiftungskapital für Stipendien an Künstler aller Richtungen.

Ab 1924 spielte auch der Rundfunk eine zunehmend wichtige Rolle für die deutsche Öffentlichkeit. Viele Literaten hatten ihre Auftritte in dem neuen Medium; neben 16 regionalen gab es auch einen Reichsrundfunk. Von Becker ist mir bekannt, dass er zahlreiche Vorträge im Rundfunk hielt, die man vielerorts hören konnte (Deutsche Welle). Für die Volksbildung war das zweifellos ein Gewinn, wenn auch 1933 damit Schluss war.

Lassen Sie mich abschließend aus der Denkschrift von 1919 zitieren:

„Lernen wir überall das Menschliche verstehen und lieben. Suchen wir den deutschen Gedanken zunächst in uns selber, dann in unserem Volk, stellen wir ihn heraus in seiner irrationalen und seiner rationalistischen Prägung, aber befreien wir ihn – bei stärkster individueller Staatsgesinnung – von staatlicher Enge, vom Zwang der Grenzpfähle, haben wir den Mut, den gesegneten Gedanken eines unserer Jüngsten in die Tat umzusetzen, indem wir die Staatsangehörigkeit zurücktreten lassen hinter der Volkszugehörigkeit, oder pflegen wir beide nebeneinander. In welcher Form auch immer, wir müssen uns erziehen zum Bewusstsein unser selbst.“ (s. Anmerkung 9)






Liste der Anmerkungen

1) Wie ich einer Sendung des Deutschlandradios vom 6.5.2016 entnehmen muss, werden Dozenten in Bayern und Baden-Württemberg immer noch nicht besoldet; vielmehr müssen sie, um ihren Dozentenstatus zu behalten, in Bayern 2, In Baden-Württemberg sogar 4 Wochenstunden pro Semester unterrichten – umsonst. Ein Betroffener hat nun Klage beim Bayerischen Verfassungsgericht eingereicht, um dem unwürdigen Treiben des Wissenschaftsministeriums ein Ende zu bereiten. Jede Semesterwochenstunde benötigt eine Vorbereitungszeit von etwa 200 Stunden für den Philosophen.

2) Johann Wilhelm Süvern *3.1.1775 in Lemgo +2.10.1829 in Berlin. Lehrer und Politiker. Er reformierte in der Nachfolge Humboldts die Schulgesetzgebung gegen reaktionäre Widerstände. Mitglied der Akademie der Wissenschaften. 1800 Direktor des Gymnasiums Thorn, 1803 dann in Elbing Professor an der Universität Königsberg (Albertina). Nach dem Zusammenbruch hielt er eine Vorlesung „Über die politische Geschichte Europas seit Karl dem Großen“. Königin Luise wurde auf ihn aufmerksam, bald wurde er Staatsrat für die Sektion Kultur und Unterrichtswesen im Innenministerium. 1808 verfasste er mit Scharnhorst, Gneisenau u,a, eine Denkschrift zur Unterstützung des Freiherrn vom Stein und gegen die Ratifizierung des Pariser Traktats. Vergeblich. Im November 1808 musste Stein gehen und wurde von Hardenberg ersetzt. Das Ressort Steins übernahm Süvern und führte es in dessen Sinn weiter.

3) Friedrich Carl von Savigny*21.2 1779 in Frankfurt am Main +25.10.1861 in Berlin. Seine Eltern starben früh und so kam er zu seinem Vormund Constantin von Neurath. 1795 ging er auf die Universität Marburg wo er Jura studierte; weiter ging es nach Göttingen, Jena, Leipzig, Halle und zurück nach Marburg, wo er 1800 promovierte. 1810 wurde er von Humboldt an die neue Universität in Berlin berufen. Dort hatte er auch die Ehre, den Kronprinzen zu unterrichten.

4) Ferdinand Schleiermacher *26.11.1768 in Breslau +17.2.1838 in Berlin. 1783 kam er auf das Pädagogium der Herrnhuter Brüdergemeinde, das er aber 1787 verließ, weil ihm die Lehre zu dogmatisch war. Er wurde Hauslehrer beim Grafen Dohna-Schlobitten, 1794 Hilfsprediger in Landsberg an der Warthe und 1796 Prediger an der Charité in Berlin. Dort lernte er die Brüder Schlegel können und befasste sich mit der Kritik der Aufklärung, verkehrte auch im Salon der Henriette Herz; 1803 schrieb er Kritik der bisherigen Sittenlehre, übersetzte Platon, verfasste Schriften über die Tugend, die Pflicht, das Erlaubte. 1804 wurde er a.o.Professor für Theologie und Philosophie in Halle. Nach der Katastrophe von Jena wurde die Uni geschlossen und er ging nach Berlin. Dort unterstützte er die Gründung der Universität von Berlin, wurde 1810 o.Professor und Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 1806 wechselt in den preußischen Staatsdienst. 1810 wird er o.Professor für Geschichte in Berlin. 1816-1822 geht er als preußischer Gesandter am Heiligen Stuhl nach Rom. Ab 1825 ist er o. Professor für Geschichte an der unlängst neubegründeten Universität Bonn.- Er gilt als Begründer der philologisch-kritischen Geschichtswissenschaft.

5) Johann Gottlieb Fichte *19.5.1762 in Rommenen/Sachsen +29.1.1814 in Berlin. Sein phänomenales Gedächtnis verschaffte ihm einen Mäzen, der ihn auf die Stadtschule Meißen bringt. Anschließend besucht er die Landesschule Pforta bei Naumburg . 1780 beginnt er in Jena sein Studium der Theologie, 1781 geht er nach Leipzig - was seinem Mäzen Freiherr von Militz nicht passt: er stellt Fichtes Unterstützung ein. Mittellos, geht er 1788 nach Zürich als Hauslehrer, doch auch hier eckt er an, da er die Meinung vertritt, man müsse erst die Eltern erziehen… Zurück in Leipzig scheitern alle Versuche, Geld zu verdienen. Studium der Schriften Immanuel Kants, den er nach einem Intermezzo als Hauslehrer in Warschau in Königsberg besucht. Kant empfiehlt ihm einen Verlag, in dem Fichte eine anonyme Schrift publiziert: Versuch einer Critik aller Offenbarung“: alle glauben, die Schrift stamme von Kant; dieser widerruft – und Fichte ist auf einmal berühmt und wird Professor in Jena von 1794-99. Im Zusammenhang mit dem Atheismus Streit wird er angeklagt, verliert seine Professur – und wird 1805 Professor in Erlangen. Obwohl Anhänger der Französischen Revolution, wendet er sich doch energisch gegen Napoleon in seinen „Reden an die deutsche Nation“ 1807. 1810 an die neue Uni in Berlin berufen, wird er Dekan und für ein Semester auch Rektor. 1813 erkrankte seine Frau an Flecktyphus bei der Pflege verletzter Soldaten – und gesundet, er aber stirbt an eben dieser Krankheit im Januar 1814.

6) Barthold Georg Niebuhr *19.5.1762 in Rommenen/Sachsen +29.1.1814 in Berlin. Er studierte in Kiel, doch ohne Abschluss und tritt in den dänischen Staatsdienst ein, 1806 wechselt er in den preußischen Staatsdienst. 1810 wird er o.Professor für Geschichte in Berlin. 1816-1822 geht er als preußischer Gesandter am Heiligen Stuhl nach Rom. Ab 1825 ist er o. Professor für Geschichte an der unlängst neubegründeten Universität Bonn.

7) Franz Schnabel, Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Herder, Freiburg 1959, Band 1, Seite 409

8) Gemäß Erlass vom 30.6.1925 des Kultusministers Becker wurde die Errichtung von 15, Pädagogischen Akademien in Preußen angeordnet; Voraussetzung war das Abitur, das Studium war auf zwei Jahre geplant. Es gab simultane, katholische und evangelische Akademien: die erste in Bonn (k) und in Elbing/Westpreussen (ev); die 1. Simultane Akademie entstand in Frankfurt am Main (ev, k, jüd.). Die 1930 gegründete Akademie in Stettin wurd nur kurze Zeit später wegen der Wirtschaftskrise wieder geschlossen.- Viele Länder Mittel-deutschlands, aber auch Oldenburg und Baden führten ein ähnliches System ein. Nur Württemberg und Bayern behielten das alte System der Lehrerseminare bei.- Im der Nazizeit wurde das Rad zurück gedreht. Nach 1945 entstanden die Akademien neu als Pädagogische Hochschulen. Heute sind diese zumeist in die benachbarten Universitäten integriert.

9) Carl Heinrich Becker, Kulturpolitische Aufgaben des Reiches. Leipzig 1919. Seite 50



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